08.07.2010

„Zehn Gebote“ für Unions-Politiker



Wie eine bürgerlich-konservative Politik aussehen müsste

Es gärt in der Union. Das schlechte Wahlergebnis vom 27. September wirkt nach. Viele Stammwähler, aber auch große Teile der Mitgliedschaft, erkennen ihre Partei nicht wieder. Überzeugte Marktwirtschaftler haben die FDP gewählt, Konservative sich enthalten. Die Tatsache, dass sich in der CDU wie in der CSU konservative Katholiken organisieren, zeigt die tiefe Unzufriedenheit mit dem aktuellen Kurs. Den Vorsitzenden Angela Merkel und Horst Seehofer wird vorgeworfen, Beweglichkeit mit Beliebigkeit zu verwechseln.

Bei allem Unmut über die derzeitige Politik in Berlin wie in München haben die unionsinternen Kritiker bisher jedoch nicht dargelegt, wie eine Rückkehr zu den traditionellen Unions-Werten aussehen müsste. Hier deshalb ein Versuch: Zehn Gebote für Unions-Politiker. Und eine Überprüfung, ob sie befolgt werden.

Erstes Gebot:
Du sollst dem Einzelnen Vorrang geben vor dem Staat oder dem Kollektiv.

Das wird weitgehend befolgt. Solidarische Sicherungssysteme stehen diesem Grundsatz nicht im Wege, sind vielmehr Ausfluss des bewährten Prinzips der Subsidiarität.

Zweites Gebot: Du sollst dafür sorgen, dass Leistung sich lohnt, und dass alle, die etwas leisten wollen, eine Chance bekommen.

Das wird in Sonntagsreden gerne bekräftigt – aber im Alltag nicht befolgt. „Hartz IV“ ist so konstruiert, dass es sich für Menschen mit geringer Qualifikation und Kindern meistens nicht lohnt, zu arbeiten. Das führt zur Ausbeutung der Arbeitenden durch die Nicht-Arbeitenden.

Drittes Gebot: Du sollst denen helfen, die sich nicht selber helfen können – nicht denen, die sich als Kostgänger des Staates wohl fühlen.

Wenn wir Jahr für Jahr keine 30.000 deutschen Erntehelfer finden, sondern auf „Importe“ angewiesen sind, dann ist etwas faul im Sozialparadies Deutschland.

Viertes Gebot:
Du sollst dem Staat geben, was des Staates ist – aber nicht staatliche Verschwendung durch Steuern und Abgaben finanzieren.

Die Steuereinnahmen des Staates sind zwischen 1990 und 2008 um 68 Prozent (!) gestiegen – rund 4 Prozent im Jahr. Aber selbst Unionspolitiker sprechen von einem Einnahmeproblem.

Fünftes Gebot: Du sollst auch bei Bildung und Ausbildung Leistung fördern und Dich über das Herausbilden von Eliten freuen.

Steht so ähnlich in allen Unions-Papieren. Aber in Hamburg wie im Saarland hat die CDU das schulische Leistungsprinzip auf dem Altar schwarz-grüner Träume geopfert.

Sechstes Gebot: Du sollst das Leben schützen, auch das ungeborene, und befruchtete Eizellen nicht als „Biomaterial“ missbrauchen.

Machen wir uns nichts vor: Bei der wissenschaftlichen Verwendung von Embryonen hat die CDU mit ihrem Parteitagsbeschluss von Hannover den Rubikon überschritten.

Siebtes Gebot: Du sollst die Schöpfung bewahren.

Zwischen verantwortungsvoller Umweltpolitik und einer Anbiederung an die Grünen (Stichwort: schneller Atomausstieg) klafft eine Lücke – eine Glaubwürdigkeitslücke.

Achtes Gebot: Du sollst Ehe und Familie fördern – und zwar bevorzugt in der Konstellation Mann, Frau und Kind(er).

Den Kampf gegen die „Verpartnerung“ hat die Union längst aufgegeben. Noch verweigert sie gleichgeschlechtlichen Partnern das Steuersplitting und das Adoptionsrecht – noch.

Neuntes Gebot: Du sollst tolerant sein und unterschiedliche Lebensweisen und Gebräuche tolerieren – aber nur, so weit sie mit den Werten des Grundgesetzes übereinstimmen.

Hier erweist sich die Union weitgehend immun gegenüber dem Gutmenschen-Bazillus.

Zehntes Gebot: Du sollst stolz sein, auf das, was Deutsche geleistet haben und leisten – trotz mancher dunkler Kapitel in unserer Geschichte.

Das Unions-Bekenntnis zum deutschen Vaterland in einem vereinten Europa ist glaubwürdig. Aber im Fall Steinbach ist die CDU letztlich vor nationalistischen Polen eingenickt – sowie vor den Außenministern Steinmeier und Westerwelle.

Fazit: Wer sich zu diesen Geboten bekennt, kann sicherlich Mitglied in den Unionsparteien werden. Aber unter den CDU-Mitgliedern im Bundeskabinett wären sie wohl nicht mehrheitsfähig.


Veröffentlicht in „Bayerischer Monatsspiegel“, Nr. 155/2010