27.01.2019

Frauenparkplatz schlägt Frauentag und Genderstern

Was war das doch für eine Woche für Frauen! Jedenfalls für solche, die die Welt ausschließlich aus feministischer Perspektive und unter dem Blickwinkel der Gendergerechtigkeit sehen. Berlin hat den 8. März, den internationalen Frauentag, zum gesetzlichen Feiertag erklärt. Und die Stadt Hannover schafft Lehrer, Wähler, Teilnehmer sowie Rednerpulte ab und ersetzt sie – amtlich – durch Lehrende, Wählende, Personen und Redepulte. Die Regeln für die „geschlechtergerechte Verwaltungssprache“ hat die Dezernent*innenkonferenz beschlossen. Wobei der Gender-Stern sicherstellen soll, dass alle „sozialen Geschlechter und Geschlechtsidentitäten“ sprachlich berücksichtigt werden.

Man muss sich Hannover wohl als eine rundum glückliche Stadt vorstellen, in der Milch und Honig fließen. Kämen die dortigen Kommunalpolitiker sonst auf solche menschheitsbeglückenden Ideen? Auch in Berlin fühlt man sich nicht nur sexy, sondern offenbar auch so wohlhabend, dass man den Menschen einen freien Tag schenkt. Denn am Frauentag muss künftig niemand mehr zur Arbeit gehen, selbst Männer sowie unzählige Menschen mit anderen sozialen oder gefühlten Geschlechtern nicht. Weniger Arbeit und mehr Freizeit kann Berlin sich zweifellos leisten. Wer so viele Milliarden von anderen Ländern bekommt, vor allem aus Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, der kann schon auf die Idee kommen, sich sein feministisches Image etwas kosten zu lassen.

Mit dem neuen Feiertag will Rot-Rot-Grün in der Hauptstadt "ein ganz großes Zeichen“ dafür setzen, „dass wir auf dem Weg der Gleichstellung von Frau und Mann weiterkommen". Auch soll der Tag an „Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen erinnern“. Wobei viele Berliner*innen am 8. März vielleicht sogar mehr Arbeit haben werden: falls sie die Ehemänner und die vom Schulunterricht befreiten Kinder versorgen und bekochen. Immerhin bewegt sich Berlin mit seiner Freizeitoffensive auf Weltniveau. Schließlich ist der Frauentag unter anderem in Nordkorea, Kuba und Russland ein gesetzlicher Feiertag. Nur die Chinesen hinken da noch etwas hinterher: Dort haben die Werktätigen am 8. März nur einen halben Tag frei.

Die frauenspezifische Feiertagspolitik in Berlin und der sprachliche Genderwahn in Hannover haben im Grunde nichts miteinander zu tun. Und doch ist es Politik aus demselben Geist heraus: politisch-korrekte Symbolpolitik. Wenn die Gäste bei offiziellen Anlässen im Hannoveraner Rathaus künftig nicht mehr mit „Sehr geehrte Damen und Herren“ angesprochen werden, sondern geschlechter-sensibel mit „Liebe Gäste“ oder „Guten Tag“, ändert das an dem Skandal, dass Frauen in manchen Betrieben für dieselbe Arbeit immer noch weniger Geld bekommen als Männer, keinen Deut. Und wenn zu Ehren der Frauen am 8. März in Berlin künftig nicht mehr gearbeitet wird, werden sich am 7. und 9. März Frauen sich abends weiterhin an vielen Stellen der Stadt unsicher fühlen – nicht zuletzt in Bahnhöfen, U-Bahnen und S-Bahnen. Zusätzliches Sicherheitspersonal im öffentlichen Nahverkehr würde Frauen in Berlin – und anderswo – mehr nützen als ein zusätzlicher arbeitsfreier Tag.

Apropos Sicherheit: Weit weg von Berlin und Hannover, im ferner München, hat das Verwaltungsgericht – parallel zu den wegweisende Frauen-Beschlüssen im Norden – festgestellt, dass das Schild „Frauenparkplätze“ auf öffentlichen Parkplätzen Männern nicht verbietet, ihr Auto dort abzustellen. Das Schild, so das Gericht, spreche nur eine Empfehlung aus. Die Stadt Eichstätt, um deren Parkplatz es ging, wird deshalb neue Schilder anbringen, aus denen hervorgeht, dass Männer hier nicht parken sollen, auch wenn sie es rechtlich dürften. Das Fazit aus alldem: In Berlin gibt es einen feministischen Feiertag, in Hannover wird eine verquere Amtssprache eingeführt und im übrigen Land dürfen Männer den Frauen die für sie vorgesehenen Parkplätze wegnehmen. Fragt sich nur, was Frauen mehr hilft: Sprachakrobatik, Feiertagssymbolik oder der Anspruch auf eigene Parkplätze?

Veröffentlicht auf www.focus.de am 27. Januar 2019.


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