04.04.2020

Mit Corona breitet sich der Umverteilungs-Wahn aus

Für führende Politiker der Linkspartei wie Dietmar Bartsch und Bernd Riexinger, für die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken oder die Anführerin der SPD-Linken im Bundestag, Hilde Mattheis, gibt es wohl keine wirtschaftliche Situation, in der sie kräftige Steuererhöhungen für die „Reichen“ nicht für angebracht hielten. Die Corona-Pandemie bietet jetzt allen, für die Umverteilung die Krönung politischen Handelns ist, eine geradezu ideale Möglichkeit, „denen da oben“ mehr Geld abzunehmen, als sie ohnehin schon an den Fiskus abführen müssen.

Als Folge von Corona wird die sinkende Wirtschaftsleistung Betriebe wie Selbständige in die Insolvenz treiben, Arbeitsplätze kosten und die Staatsverschuldung in die Höhe schrauben. Der Staat wird also Geld brauchen, und das holt man sich nach linker Lesart am leichtesten bei den „Reichen“ und „Superreichen“. So sorgt sich der Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel schon jetzt, „dass die Superreichen an der Spitze der Vermögenspyramide geschont werden.“ Selbst die linksliberale „Zeit“ plädiert für einen „Corona-Soli“ in Form einer „einmaligen Vermögenabgabe, sozialverträglich ausgestaltet durch Freibeträge etwa für das eigene Haus oder die Altersvorsorge.“

Die „einmalige Vermögensabgabe“ ist derzeit der Renner unter den Umverteilungsvorschlägen. Die Linkspartei will allen, die mehr als eine Millionen Euro haben, fünf Prozent wegnehmen. Saskia Esken lässt offen, wer wie stark bluten soll. Dafür legt der Ökonom Hickel die Folterinstrumente offen auf den Tisch: „Zehn Prozent über fünf Jahre auf die Nettogeldvermögen der privaten Haushalte (also nach Abzug der Schulden) bei einem Freibetrag von 500.000 Euro.“ Da wären dann nicht nur die „Superreichen“ dabei, sondern viele Handwerker und Selbständige.

Niemand kann heute sagen, wie groß die volkswirtschaftlichen Schäden der Pandemie sein werden. Aber der Vergleich der geforderten Vermögensabgabe mit dem Lastenausgleich nach dem Krieg hinkt gewaltig. Der Wirtschaftsweise Professor Volker Wieland hat das klargestellt: „Es ist nicht wie in einem Krieg, wo der Kaitalstock zerbombt wäre und die Arbeiter an der Front sind.“ Doch wer die Coronakrise als Vorwand für eine Vermögensabgabe nutzen will, dem liegt nicht an einer solchen Differenzierung.

Die Steuereintreiber aus dem linken Lager übersehen freilich eines: Die größeren Vermögen hierzulande liegen nicht auf irgendwelchen Konten oder stecken in protzigen Villen und sündhaft teuren Yachten. Sie stecken vielmehr in den rund drei Millionen Familienunternehmen, die das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden und die 60 Prozent aller Arbeitnehmer beschäftigen. In vielen dieser Firmen lässt sich zwischen Privatvermögen, das besteuert werden soll, und Firmenvermögen nicht klar unterscheiden. Das trifft insbesondere auf Personengesellschaften und auf Selbständige zu.

Überdies dient das Privatvermögen der Gesellschafter von Familienunternehmen häufig als Reservekasse des Unternehmens. 2009 hat beispielsweise die Eigentümerfamilie des schwäbischen Maschinenbauers Trumpf 75 Millionen Euro aus dem Privatvermögen locker gemacht, um Entlassungen zu vermeiden. Genau so dürften jetzt viele Familienunternehmer handeln, um die Folgen der Pandemie für ihre Belegschaft abzufedern. Wer also unbedingt die „Reichen“ höher besteuern will, besteuert letztlich diejenigen, die hierzulande Arbeitsplätze schaffen und erhalten. Das wäre – nach Corona – genau das falsche Rezept für eine schnelle wirtschaftliche Erholung.

Die Vermögensabgabe wird gerne als „einmalige“ Belastung, sozusagen als „Notopfer Corona“ dargestellt. Der Schuss könnte noch aus einem weiteren Grund nach hinten losgehen. Bei einer geringen, eher symbolischen Abgabe käme nicht viel in die Kasse. Bei einer hohen, würde das Kapital genau bei denen abgezogen, auf deren Investitionen die deutsche Wirtschaft nach der Pandemie dringend angewiesen ist. Ganz abgesehen davon: „Einmalige“ Abgaben haben meist ein langes Leben. Die Sektsteuer wird noch immer erhoben, obwohl die kaiserliche Flotte, zu deren Finanzierung sie einst erfunden wurde, schon vor mehr als 100 Jahren untergegangen ist. Und beim „befristeten“ Soli für den Wiederaufbau Ost ist es nicht anders.

Eines sollte man freilich nicht unterschätzen: Neidkampagnen wie die aktuelle kommen in Deutschland zunehmend besser an. Schon im Dezember vergangenen Jahres hatten laut Politbarometer 72 Prozent der Deutschen eine Vermögensteuer ab zwei Millionen Euro befürwortet. Wenn die finanziellen Schäden der Pandemie feststehen, dürfte die Zustimmung zu einer „Finanzierung von oben“ noch zunehmen. Der Feldzug gegen die „Reichen“ ist aus wirtschaftlicher Sicht gefährlich. Das Virus „Corona“ beflügelt den Ruf nach Umverteilung. Es ist noch gefährlicher als ein anderes, bei uns weit verbreitetes „Virus“ – der Neid.

(Veröffentlicht auf www.focus.de am 3. April 2020)


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