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Wie hält es die SPD mit der Linkspartei: Scholz eiert rum
„Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.“ An diese Worte des Evangelisten Matthäus halten sich Politiker nicht so gerne, schon gar nicht zu Wahlkampfzeiten. Vor allem Olaf Scholz scheut ein klares ja oder nein zu Rot-Grün-Rot wie der Teufel das Weihwasser.
In unzähligen Interviews und Talks ist der SPD-Kanzlerkandidat schon gefragt worden, ob er sich mit Hilfe der Linkspartei zum Kanzler wählen lassen würde. Jedes Mal ist er wortreich ausgewichen. Dabei kehrte er sein Talent aus seiner Zeit als SPD-Generalsekretär heraus, mit vielen Worten möglichst wenig Konkretes zu sagen und das immer wieder mit denselben Worten. Das hatte ihm den Beinamen „Scholzomat“ eingebracht.
Beim “Triell“ der TV-Sender RTL/ntv trat der Vizekanzler beim Thema Linkskoalition ganz wie in alten Zeiten als „Scholzomat“ auf. Abermals vermied er ein klares Ja oder Nein. Dabei ging er zweigleisig vor. Einerseits verwies Scholz auf seine „unverzichtbaren Prinzipien“, die von einem Koalitionspartner klare Bekenntnisse zur Mitgliedschaft in Nato und EU, zu einem soliden Umgang mit Geld und Wirtschaftswachstum und zu innerer Sicherheit erforderten. Da konnte man als Absage an die Linke interpretieren.
Andererseits ließ Scholz die Tür zu einer Linkskoalition offen. Er bedauerte, dass die Ereignisse der letzten Tage eine solche Koalition nicht gerade leichter gemacht hätten. Bekanntlich hat die Linke die Evakuierungsmission der Bundeswehr in Afghanistan im Bundestag nicht unterstützt. Darüber zeigte sich Scholz jetzt "echt sehr betrübt". „Nicht leichter gemacht“ und “echt sehr betrübt“ – so spricht man nicht über das Verhalten einer Partei, mit der man gar nicht erst ins Geschäft kommen will. Irgendwelche Kompromissformeln zu Nato und EU ließen sich ja wohl in einem Koalitionsvertrag unterbringen.
Das Rumeiern von Scholz in der Koalitionsfrage, sein Ausweichen vor einer klaren Antwort geschieht offenkundig mit Rücksicht auf seine eigene Partei und die Anführer des starken linken Flügels, die Co-Vorsitzende Saskia Esken und den stellvertretender Parteivorsitzenden Kevin Kühnert. Die haben Scholz die Kanzlerkandidatur nicht verwehrt, weil er von allen möglichen Kandidaten der aussichtsreichste war. Sie unterstützen ihn auch jetzt, indem sie sich nur sehr dosiert im Wahlkampf zu Wort melden. Ihre Strategie ist klar: Scholz soll Wähler aus der Mitte für die SPD gewinnen, damit die SPD-Linke in der nächsten Bundesregierung den Kurs mitbestimmen kann.
Das Kalkül ist bisher aufgegangen. So erscheinen die Sozialdemokraten nach außen als geschlossene Formation. Gleichwohl haben Esken, Kühnert und Genossen ihre Träume von einem „links-progressiven Bündnis“ keineswegs aufgegeben. „Niemand muss Angst vor Rot-Rot-Grün oder Rot-Grün-Rot haben“, beruhigte die SPD-Chefin kürzlich potentielle Wähler. Scholz hat sich für das Wohlverhalten der SPD-Linken auf seine Weise bedankt und die Genossin Esken bereits mehrfach für ministrabel erklärt.
Es läuft zurzeit gut für Scholz und die SPD. Wenn da nur nicht immer wieder diese lästigen Fragen zu Rot-Grün-Rot kämen. Beim Triell wusste CDU-Kadidat Laschet dies zu nutzen. „Sie spielen wie Merkel und reden wie Esken“, ging er Scholz an. „Ich verstehe nicht, warum es so schwer ist für Sie zu sagen: Mit dieser Partei will ich nicht koalieren.“ Scholz fand hingegen, er rede so wie Olaf Scholz. Womit er auch recht hatte: Statt ja, ja, oder nein, nein ließ er alles offen. Für Esken, Kühnert & Co. war das alles andere als „vom Übel“.
(Veröffentlicht auf www.cicero.de am 1. September 2021)
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