23.11.2006

Warum ich nicht mehr wählen würde

„Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre ...“, leiten Wahlforscher ihre Frage nach den Wahlabsichten ein. Meine persönliche Antwort:

Ich würde gar nicht wählen!

Warum? Die meisten Politiker, denen man in Berlin begegnet, sind zurzeit mit ihrer eigenen Partei auch nicht zufrieden. Und um Würste, die dem Metzger selbst nicht schmecken, sollte man besser einen großen Bogen machen.

Spricht man mit Christdemokraten, dann stöhnen die meisten, es werde – von der Außenpolitik abgesehen – regiert wie einst unter Rot-Grün. Deshalb fordern die einen – meist halblaut – ein Zurück zu den eigenen Reformvorschlägen, während andere die SPD links überholen wollen.

Bei den Sozialdemokraten gefällt sehr vielen, dass sich unter der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht viel verändert hat. Allerdings hatte die Reformpolitik ihres Vorgängers Gerhard Schröder den meisten Genossen überhaupt nicht zugesagt. Es geht ihnen also nach Schröder wie unter Schröder – schlecht.

Und bei der Opposition? Die FDP genießt ihre guten Umfragezahlen, weiß aber nicht so recht, wohin mit ihrer virtuellen Kraft. Hier ein kleiner Flirt mit der SPD, dort vertrauensbildende Maßnahmen gegenüber den Grünen, in der Außenpolitik manchmal Seit an Seit mit der Linkspartei/PDS – eine formidable Wackel-Welle.

Die Grünen wiederum sind überwiegend mit sich selbst beschäftigt. Zwei Parteivorsitzende (Claudia Roth und Reinhard Bütikofer) und zwei Fraktionsvorsitzende (Renate Künast und Fritz Kuhn) halten sich gegenseitig in Schach – und gemeinsam den Möchtegern-Fischer-Erben Jürgen Trittin.

Bliebe die Linkspartei/PDS. Aber da ich weder Marxist noch Sozialist oder DDR-Nostalgiker bin, scheidet die Gysi/Lafontaine-Truppe ohnehin aus.

Trauriges Fazit: Wenn man keine Wahl hat, kann man auch nicht wählen.

(BILD)


» Artikel kommentieren

Kommentare

Von Reinhart Jahnke | 23.11.2006

Wer nicht zur Wahl geht, hat schon gewählt: Das bestehende System! Dem Inhalt Ihrer Darlegungen kann man nur zustimmen - gerade als einer aus Schleswig-Holtein, der das ganze hier im kleinen so nahe miterleben darf. Dann soll man aber auch den Mut haben, aus Protest jemanden zu wählen, der so gar nicht ins System pa?t, um den Herrschaften den Weg zu weisen. Leider merken die Herrschaften auch so etwas nur am Wahlabend!
Von Horst Nonnweiler | 23.11.2006

Bin absolut Ihrer Meinung.
Was kann man heute noch mit einer Stimmabgabe erreichen? Ich wähle zwischen
Pest und Kollera. Nur bei der Abzocke sind sich alle Parteien einig.

Mit freundlichen Grü?en
Horst Nonnweiler
Von Lutz Franz | 23.11.2006

Endlich mal jemand der meine eigene und auch die Meinung vieler Bürger teilt. Politik macht schon lange keinen Spa? mehr, soll es ja auch vielleicht nicht. Was wir aber seit einiger Zeit erleben ist ein echtes Trauerspiel. Ich beobachte das politische Treiben seit Ende der fünfziger Jahre und bin der Meinung, so schlechte Politiker hatten wir noch nie. Bei der jetzigen Riege stehen nur die parteipolitischen und eigenen Intere?en im Vordergrund. Das Wohl der Bürger geht denen doch am A.... vorbei. Deswegen habe auch ich mich entschieden in Zukunft nicht mehr zu wählen. Ich wü?te beim besten Willen nicht was und wen.
Von Joachim R¸hl | 24.11.2006

Der Artikel war in Ordnung, lediglich die Konsequenz, das "Traurige Fazit", hat mich geschockt. Wer nicht zur Wahl geht, der gilt bei der Regierungspartei als zufriedener Mensch, der keine ƒnderung will. Wer unzufrieden ist und keiner Partei seine Stimme geben kann, der sollte auch dies deutlich zum Ausdruck bringen. Durch "ungültige Stimmabgabe".
40% ungültige Stimmen würden den Politikern vielleicht zu denken geben.



Drucken
Müller-Vogg am Mikrofon

Presse

01. November 2023 | Hauptstadt – Das Briefing

Ampel-Krise

» mehr

Buchtipp

konservativ?! Miniaturen aus Kultur, Politik und Wirtschaft

konservativ?! Miniaturen aus Kultur, Politik und Wirtschaft

» mehr

Biografie

Dr. Hugo Müller Vogg

Hugo-Müller-Vogg

» mehr